Weitere Fortschritte in den P&R-Verfahren
Zweite Abschlagsverteilung wird im Dezember 2022 ausgezahlt
Die Gläubiger in den Insolvenzverfahren der vier deutschen
P&R-Containerverwaltungsgesellschaften werden voraussichtlich noch vor
Weihnachten eine zweite Abschlagszahlung bekommen. Mit Zustimmung der
Gläubigerausschüsse und nach Niederlegung der Verteilungsverzeichnisse beim
zuständigen Insolvenzgericht München werden so weitere rund 139 Millionen Euro
in den vier P&R-Insolvenzverfahren ausgezahlt werden können. Hierzu werden
über 86.000 Einzelüberweisungen ausgeführt. Damit haben die Gläubiger bislang
rund 346 Millionen Euro zurückbekommen. Insgesamt sind in den
Insolvenzverfahren der vier deutschen
P&R-Containerverwaltungsgesellschaften Forderungen in Höhe von rund 3,1
Milliarden Euro zur Tabelle festgestellt.
„Wir sind froh, dass die Containerverwertung ungeachtet der internationalen Krisen weiter positiv verläuft. Allein in diesem Jahr haben wir bislang rund 115 Mio. Euro für die Gläubiger einnehmen können, insgesamt seit März 2018 bereits rund 670 Mio. Euro. Dieser Erfolg kommt mit der zweiten Abschlagsverteilung jetzt erneut den Gläubigern zugute. Dies ist für ein Verfahren dieser Größenordnung und angesichts der Vielzahl der Probleme, die wir auf dem Weg dahin lösen mussten, ein enormer Erfolg“, so Insolvenzverwalter Dr. jur. Michael Jaffé.
Schwierige Ausgangslage
So war schon die Ausgangslage in den vier P&R Verfahren äußerst schwierig. Vor der Insolvenz hatten die P&R-Gesellschaften in großem Umfang Seefrachtcontainer an Anleger verkauft. So hätte es rund 1,6 Millionen Container im Bestand geben müssen. Tatsächlich waren bei Insolvenzantragstellung nur rund 618.000 Stück vorhanden. Mit den Einnahmen aus den angeblichen Containerverkäufen an die Anleger war es P&R gelungen, Mieten an die übrigen Anleger zu zahlen und Rückkäufe zu tätigen, obgleich diese Erlöse nie am Containermarkt erwirtschaftet worden waren, da es die verkauften Container tatsächlich nicht gab.
Der
Insolvenzverwaltung ist es im Anschluss gelungen, die Erlöse aus der
Containerverwertung, die von einer Schweizer P&R-Gesellschaft generiert
werden, für die hiesigen Gläubiger zu sichern und die Gesellschaft zu
stabilisieren. Durch den Abschluss von Vergleichsvereinbarungen mit den Gläubigern,
die die Herangehensweise der Insolvenzverwaltung durchweg unterstützt haben,
konnte die Containerverwertung für die Gläubiger auf eine rechtssichere
Grundlage gestellt werden. Die so erzielten Erlöse bieten heute die Grundlage
für die zweite Abschlagsverteilung.
Containervermietung verläuft weiterhin positiv
Die Erlöse aus der Containerverwertung basieren vor allem auf Mieteinnahmen aus der fortgesetzten Vermietung der Container am Weltmarkt. Zudem werden Container nach Maßgabe der abgeschlossenen Vereinbarungen und nach Ablauf ihrer Lebensdauer verkauft. Derzeit sind noch rund 70 Prozent der bei Insolvenzantragstellung vorhandenen Container (nach Stückzahl) im Dienst, mithin rund 447.000 Container (Stück). Der Abverkaufsanteil wird aber mit fortschreitendem Alter der Containerflotte steigen, eine einfache Hochrechnung der künftigen Einnahmen anhand der bereits erzielten Erlöse ist daher nicht möglich .
„Es bleibt unser
erklärtes Ziel, aus der Verwertung der Flotte rund 1 Milliarde Euro für die
Gläubiger zu generieren“, so Insolvenzverwalter Dr. Jaffé. „Trotz der
sehr positiven Entwicklung in den letzten Jahren, auch in Bezug auf die
Auslastung und den Wechselkurs, bleibt der Containermarkt hochvolatil, so dass
eine sichere Prognose derzeit nicht möglich ist. Erst die nächsten Jahre werden
zeigen, ob gegebenenfalls sogar höhere Erlöse erzielt werden können, was
durchaus denkbar ist.“
Aufwendige Vorbereitung der Abschlagsverteilung und notwendige Rückstellungen
Die Vorbereitung
der zweiten Abschlagsverteilung war extrem aufwendig, auch wegen einer Flut von
Datenänderungen und Tausenden von Erbfällen, die bearbeitet werden mussten. Die
Ausschüttung gegen Jahresende ermöglicht es nun, die Einnahmen bis zu diesem
Zeitpunkt ebenfalls bei der Bemessung der Abschlagsverteilung zu
berücksichtigen. Bei der Festsetzung der Höhe der Abschlagsverteilung, die
abschließend durch die jeweiligen Gläubigerausschüsse erfolgte, war weiter zu
berücksichtigen, dass die ausgezahlten Beträge von den Gläubigern nicht
zurückgefordert werden können. Es muss also sicher feststehen, dass die
Beträge, die ausgezahlt werden, endgültig von der Gesellschaft realisiert
worden sind und im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens nicht benötigt
werden. Daher mussten im Rahmen der Festsetzung der Höhe für alle
Eventualitäten Vorsorge getroffen und Rückstellungen gebildet werden. Diese
Rückstellungen können - je nach Entwicklung - im weiteren Verfahrensverlauf
auch wieder aufgelöst werden.
Quote in den großen P&R-Insolvenzverfahren erreicht bereits 12,5 Prozent
Da die in den einzelnen P&R-Insolvenzverfahren zu bildenden Rückstellungen unterschiedlich hoch sind, differieren auch die im Rahmen der Abschlagsverteilung auszahlbaren Quoten von Gesellschaft zu Gesellschaft. Alle Gläubiger einer P&R Gesellschaft mit festgestellten Forderungen erhalten jedoch die gleiche Quote. „Erfreulich ist dabei, dass wir in den beiden großen Insolvenzverfahren auf über 68.000 Einzelforderungen jetzt eine Quote von weiteren 5 Prozent auf die festgestellten Forderungen an die Gläubiger auszahlen können. Vor Rückstellungen haben wir damit bereits eine Quote erreicht, die die ersten Kaufangebote, mit denen Dritte Forderungen erwerben wollten, deutlich übersteigt“, betont Insolvenzverwalter Dr. jur. Michael Jaffé.
In den Insolvenzverfahren der P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (GC) mit fast 40.000 festgestellten Einzelforderungen und der P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (LF) mit rund 28.500 geprüften Forderungen gelangen so jetzt weitere rund 130 Mio. Euro zur Auszahlung. Bei der GC und LF wurde bereits bei der ersten Abschlagsverteilung eine Quote von 7,5 Prozent auf die festgestellten Forderungen ausgezahlt; die Gläubiger, deren Forderung erst nach der ersten Abschlagsverteilung festgestellt wurde, erhalten vorab eine entsprechende Zahlung.
Wegen der
relativ höheren, notwendigen Rückstellungen beläuft sich die Quote der zweiten
Abschlagsverteilung für die Gläubiger der P&R Transport-Container GmbH (TC)
mit rund 15.500 Einzelforderungen und der P&R Container Leasing GmbH (CL)
mit rund 2.400 Einzelforderungen auf 1,5 Prozent. Insgesamt entspricht dies
einer Summe von 9,4 Millionen Euro. Die Rückstellungen müssen hier insbesondere
in Bezug auf die Frage der Anfechtbarkeit der vorinsolvenzlich ausgezahlten
Gelder gebildet werden. Wären Gelder anfechtbar, könnte dies auch Auswirkungen
auf die Verteilung der aus der Containerverwertung realisierten Gelder haben.
Bei der ersten Abschlagsverteilung für die Gläubiger der CL und der TC
erreichte die Quote 4 Prozent.
Noch keine höchstrichterliche Klärung der Anfechtbarkeit
Die Frage, ob an die Anleger in den letzten vier Jahren vor Antragstellung im Jahr 2018 gezahlte Gelder gegebenenfalls im Wege der Insolvenzanfechtung zurückgefordert werden können, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt und von erheblicher Bedeutung für die Gläubiger. Denn wenn die Anleger die Gelder zurückzahlen müssten, würde sich die Quote in den betroffenen Verfahren für die Gläubiger erheblich erhöhen. Viele Anleger hatten in den Jahren vor der Insolvenz die erhaltenen Gelder nicht wieder angelegt und fühlten sich daher von der P&R-Insolvenz zunächst nicht betroffen, während die heutigen Gläubiger einen Schaden im Milliardenbereich erlitten haben.
Da nicht feststand, wie der Bundesgerichtshof die Fälle beurteilen würde, da ein vergleichbarer Fall bislang noch nicht Gegenstand seiner Rechtsprechung gewesen ist, und auch in Auftrag gegebene Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen, mussten die Insolvenzverwalter einen Weg finden, die Rechtslage zu klären. Um den Aufwand für die Klärung dieser Frage im Interesse der Gläubiger, aber auch im Interesse der betroffenen Anleger so gering wie möglich zu halten, haben sich die Insolvenzverwalter frühzeitig entschieden, wenige Pilotverfahren zu führen, um die Frage der Anfechtbarkeit gerichtlich klären zu können.
Allen anderen betroffenen Anlegern wurden Hemmungsvereinbarungen vorgeschlagen, damit die Insolvenzverwalter ebenso wie die Anleger den Ausgang der Pilotverfahren abwarten können, und umfangreiche verjährungshemmende Maßnahmen, die entsprechenden Aufwand und Kosten mit sich bringen, nach Möglichkeit zu vermeiden. So wurden seitens der Insolvenzverwalter mehr als 125.000 Hemmungsvereinbarungen an die betroffenen Anleger versandt, die eine Hemmung der Verjährung bis zum 31.12.2023 vorsehen. Fast 99 Prozent der Anleger haben diese Vereinbarung akzeptiert. In den anderen Fällen mussten Verfahren eingeleitet werden, was oft daran lag, dass einzelne Rechtsanwälte ihren Mandanten geraten haben, die Dinge streitig auszutragen. Dieses Vorgehen wird aber nicht zur Klärung der Rechtslage beitragen, denn es liegen dem Bundesgerichtshof bereits seit längerer Zeit mehrere Pilotverfahren zur Entscheidung vor, nachdem die angerufenen Gerichte in erster wie in zweiter Instanz gänzlich unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten hatten.
Während viele
Gerichte die Anfechtungsklage abwiesen, haben mehrere Gerichte auch zu Gunsten
der Insolvenzverwalter entschieden und die Anfechtung bejaht, sei es in Bezug
auf die Anfechtung des Rückkaufpreises, der Miete oder des erzielten Gewinns.
Das bestätigt, dass nur auf Basis einer höchstrichterlichen Entscheidung zur
Frage, ob die Vorgänge anfechtbar sind, rechtssicher gehandelt werden kann.
Weitere Abschlagsverteilungen
Im weiteren Verfahrensverlauf wird es voraussichtlich noch mehrere Abschlagsverteilungen an die Gläubiger geben, womöglich bereits im kommenden Jahr. Die Durchführung einer Abschlagsverteilung macht jedoch wegen des damit verbundenen Aufwands nur Sinn, wenn substanzielle Erlöse ausgezahlt werden können. Ein genauer Termin für die nächste Abschlagsverteilung lässt sich daher heute noch nicht in Aussicht stellen.
Weitere Informationen zur zweiten Abschlagsverteilung, zu den weiteren Schritten in den Insolvenzverfahren sowie zu relevanten aktuellen Entwicklungen können die Gläubiger auf der eigens eingerichteten Info-Seite unter www.frachtcontainer-inso.de im Internet sowie im Gläubiger-Informations-System (GIS) der Kanzlei (www.jaffe-rae.de) finden. Ebenso aktualisierte Erläuterungen zu einzelnen Themen und Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Die einzelnen Gläubiger werden vom Insolvenzverwalter auch schriftlich ausführlich über die Auszahlung und die Höhe des für ihre festgestellte Forderung ermittelten Auszahlungsbetrags informiert.
Weitere Informationen:
Dr. jur. Michael Jaffé wird seit über zwei Jahrzehnten regelmäßig von den Gerichten in schwierigen und großen Insolvenzfällen bestellt, in denen es darum geht, das Vermögen für die Gläubiger zu sichern und bestmöglich zu verwerten. Eine besondere Expertise liegt dabei auf mehrstufigen Konzerninsolvenzverfahren und Verfahren mit grenzüberschreitenden Sachverhalten. Zu den national und international bekanntesten Insolvenzverfahren von Dr. jur. Michael Jaffé zählen der Medienkonzern KirchMedia des verstorbenen Dr. Leo Kirch, der vormals weltweit tätige Speicherchip-Hersteller Qimonda sowie die deutschen Tochtergesellschaften der Petroplus-Gruppe. Als Insolvenzverwalter von drei deutschen P&R Container-Verwaltungsgesellschaften verwertet er die weltweite Containerflotte. Seit 25. August 2020 ist er darüber hinaus als Insolvenzverwalter der Wirecard AG sowie weiterer Wirecard -Gesellschaften tätig.
Dr. jur. Philip Heinke ist Wirtschaftsmediator sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht und wird seit über dreizehn Jahren überregional als Insolvenzverwalter bestellt. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen in Bezug auf Betriebsfortführungen von Unternehmen verschiedenster Branchen sowie in grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren ebenso wie in Kapitalanlageverfahren. So wurde er unter anderem als Insolvenzverwalter in den Verfahren hm touristik GmbH & Co. KG sowie P & R Container Leasing GmbH, P & R AG und Wirecard Retail Services GmbH bestellt.
Die Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter ist seit mehr als zwei Jahr-zehnten eine der führenden Kanzleien auf den Gebieten Insolvenzverwaltung, Insolvenzrecht sowie Sanierung (nach dem ESUG), insbesondere in komplexen und grenzüberschreitenden Verfahren. Eine wichtige Grundlage dafür ist die regelmäßig gerade bei komplexen Verfahren gefragte langjährige Erfahrung, Kompetenz und Unabhängigkeit. Nicht zuletzt deshalb genießt die Kanzlei seit Jahrzehnten das Vertrauen von Gerichten und Gläubigern gerade in schwierigen Verfahren, in denen widerstreitende Interessen der Beteiligten bestehen. Die Kanzlei kann mit ihrer eigenen leistungsstarken und über Jahre gewachsenen Struktur Verfahren jeder Größenordnung im Interesse der Gläubiger begleiten.
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