02.07.2021 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Regio Schlachthof Eigenverwaltung wird fortgesetzt – Sanierungschancen noch gegeben

Regio Schlachthof GmbH nutzt Insolvenz-Eigenverwaltungsverfahren für Neuausrichtung.

Die Betreiberin des Schlachthofs Mannheim hatte Ende April dieses Jahres ein Eigenverwaltungsverfahren zur Krisenbewältigung und Neuausrichtung beantragt.


Am 01. Juli 2021 wurde das Verfahren nunmehr planmäßig eröffnet und die Fortsetzung der Eigenverwaltung durch das Amtsgericht Mannheim angeordnet. Als Sachwalter hat das Gericht den bereits seit Ende April als vorläufigen Sachwalter tätigen Rechtsanwalt Thomas Oberle (Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz) eingesetzt.

Die Geschäftsleitung hat in den vergangenen zwei Monaten gemeinsam mit ihrem Generalbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt Martin Wiedemann von der Mannheimer Kanzlei Ernestus Rechtsanwälte intensive Verhandlungen mit den an dem Verfahren Beteiligten geführt, um eine stabile Fortführung des Geschäftsbetriebes zu gewährleisten und eine nachhaltige Sanierung zu ermöglichen. „Diese Gespräche treten nunmehr in eine entscheidende Phase“ erklärt Wiedemann. Auf Gläubigerseite sei bisher wenig bis gar kein Entgegenkommen zu verzeichnen, insbesondere seien die verschiedenen Zuständigkeiten bei der Stadt Mannheim eine erhebliche Hürde, um zu einer Gesamteinigung zu kommen. „Bei den zu hohen Fleischbeschaugebühren hat es Bewegung auf Seiten der Stadt gegeben, bei der städtischen Vermietungsgesellschaft besteht hingegen offensichtlich kein Interesse am Fortbestand des Schlachthofs“, so Wiedemann. 


Nun seien im Wesentlichen die Kunden gefragt, die von einer Schließung eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer eigenen Betriebe vergegenwärtigen müssten. Die Kunden seien sich im Prinzip alle einig, dass das Konzept der Regionalität in jedem Fall erhaltenswert sei. Dies entspreche auch dem allgemeinen Trend zur Nachhaltigkeit der Produktion. „Es wäre eine völlige Fehlentwicklung, wenn einer der letzten regional bedeutenden Schlachthöfe stillgelegt werden müsste und nur noch in Großschlachthöfen in Ulm oder Crailsheim geschlachtet werden könnte“, erläutert einer der beiden Geschäftsführer, Michael Hocker. Problematisch seien aber nach wie vor die Marktpreise. „Jeder will regionale und hervorragende Qualität, die dafür notwendigen Preise werden aber nur ungern bezahlt“ so Hocker weiter.


Durch einen Auftragseinbruch aufgrund der Pandemie-bedingten Schließung der Absatzmärkte und hohe Kosten war die Regio Schlachthof GmbH im Frühjahr in eine Schieflage geraten. Durch das nunmehr eröffnete Eigenverwaltungsverfahren besteht die Möglichkeit, ein Sanierungskonzept auch umzusetzen. „Einige haben wohl schon damit gerechnet, dass der Schlachtbetrieb sofort bei Eröffnung des Verfahrens eingestellt wird. Wir verhandeln aber nach wie vor weiter, es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen und um den Erhalt der Regionalität von Fleischprodukten“, gibt sich Wiedemann nach wie vor optimistisch. Ein positives Ergebnis ist auch dem bestellten Sachwalter, Herrn Rechtsanwalt Thomas Oberle wichtig: „Die Sanierungsbemühungen verdienen Unterstützung. Es wäre bedauerlich, wenn am Ende die regionalen Landwirte mit ihren Bemühungen um hohe Qualität und Schutz des Tierwohls die Leidtragenden wären. Insolvenzrechtlich wird die Rettung des Schlachthofs aber nur gelingen können, wenn alle Beteiligten dies wollen und entsprechende Beiträge leisten", meint Oberle.


Die Regio Schlachthof GmbH beschäftigt 27 Mitarbeiter und betreibt einen bedeutenden Schlachthof für die Region. Sie wurde im Jahre 2017 auf Initiative privater Unternehmer aus der Region gegründet. Grundidee der privaten Initiative war die Weiterführung der 125-jährigen Schlachttradition in der Region, die Unterstützung der heimischen Landwirtschaft und der Gedanke, auch jungen Hofnachfolgern eine Zukunftsperspektive zu eröffnen. Dafür sollte den landwirtschaftlichen Fleischerzeugern der Pfalz, Südhessens und Baden ein Schlachtbetrieb zur Verfügung stehen, der ihren Bedürfnissen nach kurzen Transportwegen und damit nach Frische und Qualität gerecht wird. Es sollte aber auch eine Lücke in der Versorgung der Region mit heimisch erzeugtem Schweinefleisch geschlossen werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Region Rhein-Neckar über keinen weiteren Schlachthof verfügt.


Hintergrund:

Über die Regio Schlachthof GmbH

Die Regio Schlachthof GmbH basiert auf einer Initiative privater Unternehmer zur Fortführung der Schlachttradition am Standort Mannheim. Der Schlachthof setzte den zuvor geschlossenen Betrieb der FVZ Mannheim fort, um die Belieferung der Region mit frischem Schweinefleisch zur Herstellung qualitativ hochwertiger Spezialitäten sicherzustellen. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr 2,8 Millionen Euro. Regio Schlachthof beschäftigt 27 Mitarbeiter in Mannheim.


Über ERNESTUS und den Generalbevollmächtigen

Seit mehr als zwei Jahrzehnten agiert ERNESTUS bundesweit, derzeit mit 11 Berufsträgern an Standorten in Mannheim, Darmstadt, Heilbronn, Frankfurt und Augsburg. Seit der Gründung 1995 hat sich die Kanzlei konsequent auf das Insolvenz-, Sanierungs- und Wirtschaftsrecht ausgerichtet. Die Beratung von Unternehmen in der Krise und deren Gläubigern, die Insolvenzverwaltung sowie die Zusammenarbeit mit Kreditinstituten haben das Profil von ERNESTUS geprägt. ERNESTUS hat sich auf die Übernahme von Insolvenz- und Sachwaltungen, sowie die Beratung von Unternehmen in Krisensituationen spezialisiert.

Rechtsanwalt Martin Wiedemann ist Partner von ERNESTUS. Seit über 20 Jahren ist er als Insolvenz- / Sachwalter und Sanierungsberater tätig und ist als Sanierungsexperte bekannt. Er berät zahlreiche mittelständische Unternehmen und deren Gesellschafter und Geschäftsführer bei der Sanierung von Unternehmen sowohl vorinsolvenzlich als auch im Insolvenzverfahren.


">Über den Sachwalter

SZA Schilling, Zutt & Anschütz Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Schilling, Zutt & Anschütz ist seit beinahe einem Jahrhundert eine der angesehensten deutschen Wirtschaftssozietäten. Mit rund 100 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie Büros in Frankfurt, Mannheim, München und Brüssel berät die Sozietät nationale und internationale Mandanten zu komplexen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen, insbesondere in den Bereichen Gesellschaftsrecht, M&A, Compliance, Kapitalmarktrecht, Real Estate, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht, Kartellrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Prozessrecht, Steuerrecht, Private Clients sowie Öffentliches Recht.

Rechtsanwalt Thomas Oberle ist Partner von SZA. Seit über 30 Jahren ist er tätig als Insolvenzverwalter, Eigenverwalter / Sachwalter nach ESUG, Treuhänder und Berater von Unternehmen im Krisen- bzw. Vorinsolvenzzeitraum. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Verwalter in Großverfahren insbesondere bei der Fortführung von Unternehmen während der Insolvenz und bei ihrer Sanierung durch Übertragung oder durch einen Insolvenzplan.In 2020 war er als Insolvenzverwalter verantwortlich für die Markthaus - Recycling Kaufhaus Mannheim gGmbH, die in einem Insolvenzplanverfahren saniert und gerettet wurde.


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