Die Konjunkturwolken verdunkeln sich – der Gesetzgeber muss handeln
Der Koalitionsvertrag sieht Reformbedarf im Insolvenzrecht. Die Evaluierungsergebnisse der Studien zum ESUG und Restschuldbefreiungsverfahren liegen vor.
Die Anzeichen einer sich abschwächenden Konjunktur und die Unsicherheiten der Weltwirtschaft wie etwa der Brexit machen dies aber umso dringlicher.
Der Koalitionsvertrag 2018 weist neun relevante Bezüge zum Insolvenz- und Sanierungsrecht aus. Auch die jüngst veröffentlichten Ergebnisse der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studien zum ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) und zur Restschuldbefreiung in Verbraucherinsolvenzverfahren zeigen die Notwendigkeit dringender Anpassungen.
„Die Evaluierung des ESUG hat den jetzt schon bestehenden Änderungsbedarf festgestellt und konkrete Reformvorschläge entwickelt. Die vorliegenden Ergebnisse müssen deshalb schnellstmöglich in einen konstruktiven Prozess zur Verbesserung der Sanierungskultur eingebracht werden“, fordert Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbandes der deutschen Insolvenzverwalter, VID.
Die Bundesregierung verweist auf das laufende Trilog-Verfahren in Brüssel
Doch es scheint, als wolle der Gesetzgeber erst einmal abwarten. Die EU-Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen befindet sich derzeit in den Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament. Die Ergebnisse der Verhandlungen sollen bis März 2019, bis zum Ende dieser europäischen Legislaturperiode feststehen. Erst dann wird die Umsetzung für das deutsche Recht eine Rolle spielen. Selbst bei schnellem Inkrafttreten der Richtlinie ist mit mehrjährigen Umsetzungsfristen zu rechnen. „Der deutsche Gesetzgeber hat in der Vergangenheit vielfach gezeigt, dass er diese Fristen gerne vollumfänglich ausschöpft. Damit aber käme die notwendige Reform des Sanierungs- und Insolvenzrechts auf Jahre ins Stocken“, erläutert der VID-Vorsitzende.
Digitalisierung des Insolvenzverfahrens – Vorschläge bisher ohne Gehör
Der Gesetzgeber hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Digitalisierung des Insolvenzverfahrens weiter voranzutreiben. Auf Initiative des VID wurde daraufhin eine Arbeitsgruppe gegründet, die schon im Sommer konkrete und schnell umsetzbare Vorschläge an den Gesetzgeber gerichtet hat. Eine Antwort der Bunderegierung liegt jedoch bis heute nicht vor.
Reformstau auch bei anderen insolvenzrechtlichen Themen
Die Digitalisierung ist nur ein Beispiel für die vielen anderen Bereiche des Insolvenzrechts, bei denen deutlicher Reformbedarf besteht. Bis heute fehlt es an einer gesetzlichen Regelung für ein Berufsrecht für Insolvenzverwalter, das effizient ist und die Qualität der Arbeit, die Transparenz des Verfahrens und die Unabhängigkeit in den Mittelpunkt stellt. Eine Reform des Vergütungsrechts ist überfällig. Ein verlässliches Sanierungsrecht ist nach wie vor nicht etabliert. Die gesetzliche Grundlage zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns ist bereits seit zwei Jahren in der Schwebe. Auch das Verbraucherinsolvenzverfahren bedarf einer erforderlichen Überarbeitung: „Hier müssen bürokratische Hürden abgebaut und die Dauer der Restschuldbefreiungsphase angepasst werden. Eine zweite Chance haben eben nicht nur Unternehmer, sondern auch Verbraucher verdient“, betont Niering.
Konjunkturtief zeichnet sich ab und schafft Handlungsbedarf
Die Konjunkturperspektiven 10/2018* des ifo-Institutes zeigen mit Ausnahme des Bauhauptgewerbes eine deutliche Verschlechterung der deutschen Konjunktur: „Für viele Fragestellungen liegen bereits konkrete Ergebnisse und Vorschläge vor. Die Anzeichen einer sich abschwächenden Konjunktur werden immer deutlicher. Es wäre also jetzt an der Zeit, die dringend erforderlichen Reformvorhaben anzupacken und die verbleibende Zeit der Legislaturperiode zu nutzen“, appelliert Niering.
Die aktuellen Entwicklungen im Insolvenzrecht beschäftigen die Berufsgruppe der Insolvenzverwalter auch auf dem Deutschen Insolvenzverwalterkongress, der in diesen Tagen in Berlin stattfindet. Der jährlich stattfindende Kongress ist für die mehr als 600 Teilnehmer ein zentraler Branchentreffpunkt und eine Plattform um aktuelle Gesetzesvorhaben im Kreis der Fachöffentlichkeit zu diskutieren.
Über den VID:
Der Verband Insolvenzverwalter Deutschlands ist der Berufsverband der in Deutschland tätigen Insolvenzverwalter. Mit mehr als 480 Mitgliedern vertritt er die überwiegende Mehrheit dieser Berufsgruppe. Die Mitglieder verpflichten sich auf „Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung“ und zur Zertifizierung nach ISO:9001. Damit setzt der Verband Maßstäbe für eine unabhängige, transparente und qualitativ anspruchsvolle Insolvenzverwaltung. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Unternehmensinsolvenzverwalter.
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