01.12.2015 - Kategorie "Sanierung"

Gute Beratung kostet Geld

Gute Beratung kostet Geld

Das erste Stuttgarter Restrukturierungsforum war ein voller Erfolg.


Die Auftaktveranstaltung am 24. November 2015 überzeugte mit einer hochkarätigen Podiumsbesetzung: Tammo Andersch, Dr. Wolfgang Bilgery, Martin Orth und Markus Rauscher diskutierten über das Thema „Was darf Restrukturierung kosten?“. Mehr als 140 erfahrene Insolvenzverwalter, Sanierungsberater, Rechtsanwälte Bankenvertreter, Investoren und weitere am Sanierungsprozess Beteiligte waren der Einladung zum ersten Stuttgarter Restrukturierungsforum gefolgt.

Eröffnet wurde das erste Stuttgarter Restrukturierungsforum von Tammo Andersch,Wirtschaftsprüfer, MBA, Vorstandsvorsitzender, Andersch AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: „Gute Beratung kostet Geld, aber schlechte noch viel mehr. Denn im ungünstigsten Fall scheitert der außergerichtliche Sanierungsversuch und man hat durch die Insolvenz doppelten Aufwand und wenig Ertrag“, so der erfahrene Berater. Eine gelungene Sanierung durch eine gute Beratung liefere hingegen einen hohen Mehrwert und eben keinen Papierberg – wobei es ganz ohne Papier auch nicht ginge. Aber Andersch sah die Berater auch in der Pflicht: „Manchmal muss man frühzeitig und begründet nein zur Sanierungsfähigkeit sagen“. Ohne eine genaue Analyse der Liquiditätslage und -entwicklung werde jede Sanierung zu einem potentiell teuren Blindflug. Bereits innerhalb der ersten zwei bis drei Wochen müsse ein guter Berater eine erste Einschätzung geben können, war Andersch überzeugt.


Im Anschluss an das Impulsreferat waren die Teilnehmer der Podiumsdiskussion am Zuge. Das Podium – moderiert von Andreas Elsäßer (Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft) und Bernhard Steffan (Ebner Stolz) – war hochkarätig besetzt: Neben Andersch diskutierten auch Dr. Wolfgang Bilgery (Rechtsanwalt und Partner, GRUB BRUGGER Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB), Martin Orth (Direktor, Leiter Spezialkreditmanagement, Landesbank Baden-Württemberg) und Markus Rauscher (Richter am Amtsgericht Ludwigsburg).


Im Fokus von Diskussionen stehen zumeist die Beratungs- und Verwalterkosten – insbesondere wenn Restrukturierungen misslingen oder die Kosten besonders hoch sind. Hier betonte der erfahrene Richter Markus Rauscher, dass diese Fälle, die in den Medien so negativ auffallen, nur ein kleiner Ausschnitt pathologischer Fälle seien. Das entspreche nicht dem Normalfall. Dem stimmte auch Insolvenzverwalter Dr. Wolfgang Bilgery zu: „99 Prozent der Fälle werden völlig geräuschlos abgewickelt. Wir reden, lesen oder hören immer nur von den Ausreißern“. Aus Sicht des Insolvenzverwalters gibt es zwei verschiedene Vergütungen: Zum einen die aufwandsorientierte Vergütung, die die Berater betreffe. Hier werde vor allem der Zeitaufwand, also nach Stunden- oder Tagessätzen, vergütet. Zum andere gebe es die erfolgsbezogene Vergütung der Insolvenzverwalter. Die anhand der Masse, die sie erwirtschaften, vergütet werden.


Dem widersprach Richter Rauscher: „Die Vergütung der Insolvenzverwalter ist nicht erfolgsbezogen, sondern massebezogen. Je höher die Masse, desto höher die Vergütung“. Auf die Masse habe der Verwalter jedoch nicht immer Einfluss. Es käme darauf an, was er vorfindet. Und als Insolvenzverwalter könne man sich das eben nicht raussuchen. Da sprach Rauscher Dr. Bilgery aus dem Herzen: „Es gibt genügend Fälle, wo wir als Insolvenzverwalter großen Aufwand betreiben, aber die Vergütung das aufgrund geringer Masse nicht abdeckt. Natürlich gibt es auch Fälle, wo man gut verdient“.


Der Banker Martin Orth beschrieb die Beratung als eine Funktion aus Leistung und Gegenleistung. Wenn ein Berater eine Mehrwert schaffende Leistung erbringe, könne er sich diese auch adäquat bezahlen lassen. Das Problem: Man wisse häufig erst im Nachhinein, ob die Relation von Kosten und Nutzen stimme. Orth sah ebenso wie die anderen Referenten ein Problem in der zunehmenden Komplexität resultierend auch aus rechtlichen Themen und in dem immer größer werdenden Umfang der Sanierungsgutachten: „Der Berater benötigt mitunter sehr lange und die Finanzierer anschließend beinahe ebenso lange für Analyse und Abstimmung untereinander. So geht einfach viel Zeit verloren“. Und gerade die außergerichtliche Sanierung enthält aus seiner Sicht zwei knappe Faktoren: Zeit und Geld. Die Kosten einer Restrukturierung seien kleiner, je früher man damit beginnt – davon ist der Banker überzeugt. Was aus Sicht von Andersch die Kosten außerdem treibt, ist die oftmals schlechte Datenqualität in den Unternehmen. Oft seien z. B. dringend notwendige Liquiditätsplanungen nicht vorhanden. Die Erstellung dieser Instrumente kostet Zeit und Geld.


Dr. Bilgery appellierte an die Insolvenzverwalter. Für sie sei es schwierig, da sie zwei Aufgaben hätten. „Zum einen muss ich als Insolvenzverwalter die schwarzen Schafe erkennen und zur Rechenschaft ziehen. Zum anderen sollte ich auch darauf achten, dass mit dem Anfechtungsrecht nicht ein Klima der Angst geschaffen wird“, so der erfahrene Insolvenzverwalter. „Denn in einer Restrukturierung sind durch den Berater oft mutige Entscheidungen gefragt. Dieser Mut darf nicht durch Angst vor Anfechtung eingedämpft werden.“


Am Ende waren sich alle Referenten einig: Es gibt keine Beratungsgesellschaft, die alles abdeckt. „Ein guter Sanierungsberater wird immer mehr zum Generalunternehmer. Er holt sich Spezialexpertise“, brachte es Andersch auf den Punkt. Er selbst habe bisher keine schlechten Erfahrungen damit gemacht. Man müsse nur den Mut haben zu sagen, ich kann es nicht, aber ich empfehle ihnen. Jedoch unter der Prämisse, dass immer eine Beratungsgesellschaft den Hut auf hat. Nur so könne es funktionieren.





Die Veranstalter des Stuttgarter Restrukturierungsforums sind CMS Hasche Sigle, Ebner Stolz, hww hermann wienberg wilhelm und Schultze & Braun. Dr. Alexandra Schluck-Amend von CMS Hasche Sigle: „Als Veranstalter haben wir uns das Ziel gesetzt, Stuttgart um dieses Format zu bereichern. Die hohe Teilnehmerzahl hat uns gezeigt, dass wir mit unserer Veranstaltung und dem Thema genau richtig liegen“. Martin Schoebe von hww hermann wienberg wilhelm blickt bereits in die Zukunft: „Im Frühjahr 2016 werden wir mit der nächsten Veranstaltung aufwarten.“


Mit seiner Auftaktveranstaltung hat das Stuttgarter Restrukturierungsforum die bereits in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und München erfolgreiche Diskussionsreihe zu Themen um Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz fortgesetzt. Zweimal im Jahr werden die Veranstalter zukünftig in Stuttgart alle an der Sanierung von Unternehmen Beteiligten zusammenbringen. Mit den Veranstaltungen werden aktuelle Entwicklungen im Sanierungsmarkt aufgegriffen. Weitere Informationen unter www.stuttgarter-restrukturierungsforum.de


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