ESUG Studie: Rettungswerkzeug Eigenverwaltung funktioniert und hat sich etabliert
Höhere Insolvenzquote und mehr gerettete Arbeitsplätze - Sanierte Unternehmen sehr zufrieden mit dem Verfahren
„Die
Eigenverwaltung nimmt mit steigenden Umsatz und steigender Mitarbeiterzahl
immer weiter an Attraktivität zu. Damit hat das Insolvenzverfahren wesentlich
zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland beigetragen. In Zukunft wird
es aber wichtig sein, dass weiter intensive Aufklärung betrieben wird, um
möglichst vielen Unternehmen den Weg in die Eigenverwaltung zu öffnen“, fasst
Prof. Dr. Hans Haarmeyer, Leitender Direktor des DIAI, die Ergebnisse zusammen.
Das Deutsche
Institut für angewandtes Insolvenzrecht (DIAI) e.V. in Kooperation mit dem
Bundesverband ESUG und Sanierung Deutschland e.V. (BV ESUG) und dem Lehrstuhl
für Wirtschaftsrecht an der Westfälischen Hochschule in Recklinghausen befragte
668 Unternehmer und Insolvenzexperten zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen.
Diese hatten als Geschäftsführer oder CRO (Sanierungsgeschäftsführer) ein
Eigenverwaltungsverfahren durchgeführt. Im ersten Teil der Studie wurden die
statistischen Daten analysiert, wie erfolgreich die Eigenverwaltungsverfahren
im Vergleich zu Regelinsolvenzverfahren in den Jahren 2012 bis 2016 verlaufen
sind und welche Unterschiede zwischen den beiden Verfahrensarten bestehen.
Danach gaben 82 Unternehmer Auskunft über die Zusammenarbeit der Akteure des
Insolvenzverfahrens wie z.B. Berater, Sachwalter, Insolvenzverwalter,
Gläubigerausschuss und Richter.
„Erst jetzt,
etwas mehr als sechs Jahre nach Inkrafttreten des ESUG, werden die Auswirkungen
und insbesondere die Nachhaltigkeit der Reformbemühungen sichtbar - für
Gläubiger wie auch für Unternehmer“, erklärt BV ESUG Vorstand Robert Buchalik.
Zwei Drittel der Unternehmer seien weiterhin noch vollständig (ca. 60 Prozent)
oder teilweise (6 Prozent) im Besitz ihres Unternehmens. Hier zeigt sich
deutlich, welch überragende Rolle die Eigenverwaltung mittlerweile für den
Mittelstand spielt. Denn in der Regelinsolvenz ist der Unternehmenserhalt für
den bisherigen Eigentümer nach wie vor die absolute Ausnahme. „Damit steigt die
Motivation für den Unternehmer, frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen:
Denn nur, wenn er nicht von vornherein damit rechnen muss, dass er sein
Unternehmen verliert, macht der frühzeitige Insolvenzantrag für ihn Sinn“,
ergänzt Buchalik.
Im Vergleich
mit den Regelinsolvenzverfahren liegen die Planquoten in
Eigenverwaltungsverfahren deutlich höher. Die Deckungsquote über alle
Unternehmensinsolvenzen, die im Zeitraum 2012 bis 2016 eröffnet wurden, lag
laut Destatis im Durchschnitt bei 4,1 Prozent. Aus der Untersuchung von 63
erfolgreich vom Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplänen ging hervor, dass
in 52 Prozent der Fälle den ungesicherten nicht nachrangigen
Insolvenzgläubigern eine Planquote zwischen 5 und 10 Prozent angeboten werden konnte.
In 16 Prozent der Verfahren erhielten die Gläubiger sogar eine Quote zwischen
10 und 22 Prozent. Für ungesicherte Kleingläubiger ließ sich in neun Verfahren
darüber hinaus eine durchschnittliche Quote von 52 Prozent erzielen. Die
durchschnittliche Quote in Insolvenzplanverfahren liegt damit deutlich über 10
Prozent. Darüber hinaus ist die Zeitspanne bis zur Auszahlung einer Quote an
die Gläubiger und damit bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens in einem
Eigenverwaltungsverfahren mit durchschnittlich zwölf Monaten (75%) deutlich
kürzer als in einem Regelverfahren, das sich über mehrere Jahre hinziehen kann.
„Der deutsche Gesetzgeber hat ein erfolgreiches Instrument geschaffen, um Unternehmen unter Insolvenzschutz zu sanieren. Über ein vergleichbares Sanierungsinstrument verfügt jedenfalls in Europa kein anderes Land. Als wichtigste Erkenntnisse haben die befragten Unternehmer ausgeführt, dass es auf die rechtzeitige Antragstellung und professionelle Beratung im Wesentlichen ankommt“, resümiert Prof. Dr. Achim Albrecht (Westfälische Hochschule).
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