TMA fordert schnelle Umsetzung des StaRUG
„Wir brauchen die Modernisierung – und wir brauchen sie jetzt“
Die in der Gesellschaft für Restrukturierung – TMA Deutschland e.V. zusammengeschlossenen Restrukturierungspraktiker warnen vor den Folgen einer Verschiebung der Beschlussfassung oder einer inhaltlichen Verwässerung des Regierungsentwurfs für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) sowie insbesondere des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG).
Unternehmen in Deutschland sehen sich derzeit nie dagewesenen Unsicherheiten und fortlaufenden Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen ausgesetzt, mit denen die Politik der Bedrohung durch COVID-19 begegnet. Unternehmen, die aufgrund der Corona-Situation Umsatzeinbrüche erlitten haben und derzeit überschuldet sind, setzen zu Recht darauf, dass ihnen nach dem Auslaufen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum Jahresende ein neues Instrument an die Hand gegeben wird, um eine Insolvenz zu vermeiden. Ein Verschieben des Inkrafttretens der neuen Gesetze würde den Unternehmen diese Option nehmen, selbst wenn die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ein weiteres Mal verlängert würde.
Mit den von der Bundesregierung vorgelegten Entwürfen zur Modernisierung des Sanierungs- und Insolvenzrechts wird nun auch in Deutschland eine dringend gebotene Option geschaffen, wertvernichtende und disruptive Insolvenzen von Unternehmen mit einem im Kern gesunden Geschäftsmodell auf Basis eines Votums der Gläubigermehrheit abzuwenden, ohne dabei in Arbeitnehmerrechte einzugreifen.
Das StaRUG stellt insofern eine wesentliche Neuerung im deutschen Sanierungs- und Insolvenzrecht dar, die gründlich abgewogen und überlegt worden ist. Die Diskussion um die zugrunde liegende EU-Richtlinie läuft bereits seit 2016. Von einem „Schnellschuss“, wie es in manchen Diskussionsbeiträgen heißt, kann keine Rede sein.
Zwei inhaltliche Punkte des StaRUG sind aus Sicht der TMA besonders praxisrelevant:
Beendigung von Dauerschuldverhältnissen muss möglich sein
Der Regierungsentwurf des StaRUG soll vor allem, aus Sicht
der Gläubigermehrheit erforderliche finanzwirtschaftliche Restrukturierungen
erleichtern. Anders als die Insolvenzordnung sieht der Entwurf aber keine
Eingriffsrechte vor, die die gebotene leistungswirtschaftliche Sanierung eines
Unternehmens auch gegen den Willen der Beteiligten ermöglichen.
Allerdings sollen nach dem Entwurf beiderseits nicht vollständig erfüllte Verträge unter bestimmten Umständen beendet werden können. In der Praxis wird dies vor allem Dauerschuldverhältnisse betreffen, die im Rahmen der Verbindlichkeiten eine Sonderstellung einnehmen: Sie betreffen zwar einerseits das operative Geschäft. Die aus ihnen resultierenden wiederkehrenden Zahlungspflichten wirken aber andererseits wie Finanzverbindlichkeiten und sind in ihrer finanzwirtschaftlichen Auswirkung mit diesen vergleichbar. Die Europäische Restrukturierungsrichtlinie erlaubt vor diesem Hintergrund ausdrücklich, Dauerschuldverhältnisse in nationale Umsetzungsgesetze einzubeziehen; Umsetzungsgesetze in anderen EU-Staaten sehen bereits entsprechende Regelungen vor.
Dass sich auch der deutsche Gesetzgeber für eine Einbeziehung von beiderseits nicht vollständig erfüllten Verträgen in das StaRUG entscheidet, hält der Vorstand der TMA aus Sicht der Praxis für zwingend geboten.
Von der Gläubigermehrheit befürwortete Restrukturierungen dürfen nicht deshalb scheitern, weil sich beiderseitig noch nicht vollständig erfüllte Verträge im Verhandlungsweg nicht haben anpassen lassen. Anderenfalls hätten Konsensstörer unter den Gläubigern gegenüber den Finanzgläubigern eine disproportionale, ökonomisch nicht zu rechtfertigende Verhandlungsmacht aus Dauerschuldverhältnissen. Einer zuweilen befürchteten Missbrauchsgefahr wird hinreichend dadurch begegnet, dass die Beendigung der Verträge für das Restrukturierungsvorhaben erforderlich sein muss, nicht offensichtlich unsachgerecht sein darf und diese Wertung einer gerichtlichen Überprüfung standhalten muss.
Eingriff in Konzernsicherheiten – Gesetzgeber sollte
nachbessern
Der Regierungsentwurf eröffnet die Möglichkeit, auf Basis eines Mehrheitsvotums der Gläubiger in Sicherheiten einzugreifen, die Gläubigern von Tochtergesellschaften ihrer Schuldnerin gewährt wurden. Dafür besteht auch ein erhebliches praktisches Bedürfnis.
Eine von der Mehrheit der Gläubiger getragene Restrukturierung kann allerdings auch daran scheitern, dass Sicherheiten, die Gesellschafter zugunsten ihrer Beteiligungsgesellschaft gewähren, nicht freigegeben werden. Ebenso kann es passieren, dass Schwestergesellschaften der Schuldnerin, die – in der Regel auf Veranlassung durch die Schuldnerin oder deren Gesellschafter – Sicherheiten zu Gunsten der mit ihnen verbundenen Gesellschaft herausgelegt haben, im Rahmen der Restrukturierung von ihren Verpflichtungen nicht befreit werden können. Das würde dazu führen, dass Gesellschafter und diesen gleich zu stellende Gläubiger, die in einem Insolvenzverfahren strukturell nachrangig wären, in einem Restrukturierungsverfahren ein disproportional hohes Druckpotential hätten, das sie in der Praxis auch in ihrem Interesse nutzen würden.
Dies war sicher nicht gewollt und wird in der Praxis einhellig als Versäumnis des Gesetzgebers gesehen. Beheben ließe sich dieses leicht dadurch, dass die Möglichkeit zur Freigabe auch auf solche Sicherheiten erweitert werden, die von einem verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG gewährt wurden.
Eine entsprechende Änderung des Regierungsentwurfs erscheint aus Sicht der TMA mithin dringend geboten.
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