OLG Düsseldorf: Zahlungen nach Insolvenzreife - D&O Versicherung muss nicht leisten
D&O deckt nicht die GmbH-Geschäftsführerhaftung gemäß § 64 GmbH-Gesetz wegen nach Insolvenzreife getätigter rechtswidriger Zahlungen
Der
für Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen zuständige 4. Zivilsenat
des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 20.07.2018 in einem
Berufungsverfahren ein Grundsatzurteil zur
Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Unternehmensleitungen und
Leitende Angestellte (sog.
D&O-Versicherung) verkündet. Danach umfasse der Versicherungsschutz
einer D&O-Versicherung nicht den Anspruch einer insolvent gewordenen
Gesellschaft gegen ihren versicherten Geschäftsführer auf Ersatz
insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft gemäß § 64 GmbH-Gesetz.
Hintergrund ist, dass gemäß § 64 GmbH-Gesetz
ein Geschäftsführer für Zahlungen persönlich einzustehen hat, die trotz
Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Feststellung der
Überschuldung der Gesellschaft geleistet worden sind. Im zu
entscheidenden Fall war die Geschäftsführerin einer GmbH gemäß § 64 GmbH-Gesetz erfolgreich von dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft in Anspruch genommen worden, da die GmbH
nach Eintritt der insolvenzreife noch Überweisungen in Höhe von über
200.000 EUR ausgeführt hatte. Der Insolvenzverwalter hatte ein
dementsprechendes rechtskräftiges Zahlungsurteil gegen die
Geschäftsführerin erwirkt. Diese Forderung hatte die Geschäftsführerin
bei ihrer Versicherung angemeldet und verlangte Freistellung. Nach ihrer
Auffassung habe ihre D&O-Versicherung auch für solche gegen sie
gerichteten Haftungsansprüche aufzukommen. Nachdem ihre Klage in erster
Instanz insoweit erfolglos gewesen war, verfolgte sie ihr Begehren im
Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht weiter.
Nach
Auffassung des Senats sei der geltend gemachte Anspruch jedoch schon
grundsätzlich kein vom Versicherungsvertrag erfasster Anspruch. Der
Haftungsanspruch gemäß § 64 GmbH-Gesetz
sei mit dem versicherten Anspruch auf Schadensersatz wegen eines
Vermögensschadens nicht vergleichbar. Es handele sich vielmehr um einen
„Ersatzanspruch eigener Art“, der allein dem Interesse der
Gläubigergesamtheit eines insolventen Unternehmens dient. Die
Gesellschaft erleide schließlich durch insolvenzrechtswidrige Zahlungen
nach Insolvenzreife keinen Vermögensschaden, da ja eine bestehende
Forderung beglichen werde. Nachteilig wirke sich die Zahlung an
bevorzugte Gläubiger nur für die übrigen Gläubiger aus. Die
D&O-Versicherung sei jedoch nicht auf den Schutz der
Gläubigerinteressen ausgelegt.
Der Haftungsanspruch gemäß § 64 GmbH-Gesetz
sei auch deshalb nicht mit einem Schadensersatzanspruch vergleichbar,
da verschiedene Einwendungen, die im Schadensersatzrecht erhoben werden
können, bei § 64 GmbH-Gesetz nicht vorgesehen seien. So könne einer Haftung gemäß § 64-GmbH-Gesetz
nicht entgegengehalten werden, der notleidenden Gesellschaft sei kein
oder nur ein geringerer Schaden entstanden. Auch sei es nicht möglich,
sich auf ein Mitverschulden oder eine eventuelle Gesamtschuld mehrerer
handelnder Personen zu berufen. Müsste eine D&O Versicherung hier
einstehen, wären ihre Verteidigungsmöglichkeiten im Vergleich zur
Inanspruchnahme aus einem Schadensersatzanspruch sehr eingeschränkt.
Auch
wenn diese Rechtsauffassung zu Deckungslücken der D&O-Versicherung
führen könne – so betonte der Senat – müsse die Versicherung nicht
leisten. Das Urteil dürfte große praktische Bedeutung für Führungskräfte
von Unternehmen, Insolvenzverwalter, Versicherungsmakler und
Industrieversicherer haben, denn es kommt nicht selten vor, dass
Insolvenzverwalter wegen der Regelung in § 64 GmbH-Gesetz die Geschäftsführer von Unternehmen in Anspruch nehmen.
Der
Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Die
unterlegene Geschäftsführerin wie auch der als Streithelfer beteiligte
Insolvenzverwalter des Unternehmens haben allerdings die Möglichkeit,
sich mit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung an den
Bundesgerichtshof zu wenden.
Aktenzeichen OLG Düsseldorf: I-4 U 93/16; Urteil vom 20.07.2018
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