Insolvenzverfahren: Neue Vorschriften zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung
Der Rat der EU nahm seinen Standpunkt in erster Lesung zu neuen EU-weiten Vorschriften über Insolvenzverfahren an.
Damit kann das Europäische Parlament, mit dem bereits im November 2014 Einvernehmen über ein Kompromisspaket zu den neuen Vorschriften erzielt wurde, den Text auf seiner Plenartagung im Mai oder Juni 2015 in zweiter Lesung annehmen.
Die neuen Vorschriften zielen darauf ab, grenzüberschreitende Insolvenzverfahren effizienter und wirksamer zu gestalten, was Schuldnern und Gläubigern zugute kommt, indem der Fortbestand von Unternehmen erleichtert und Unternehmern eine zweite Chance gegeben wird. Ferner gleichen sie die geltende Insolvenzverordnung an die seit deren Inkrafttreten im Jahr 2002 erfolgten Entwicklungen im Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten an.
Die von der Europäischen Kommission vorgelegten Zahlen zeigen, dass derartige Verfahren jedes Jahr schätzungsweise 200 000 Unternehmen in der Europäischen Union betreffen, was bedeutet, dass 1,7 Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Ein Viertel dieser Insolvenzverfahren weisen ein grenzüberschreitendes Element auf.
Der lettische Justizminister und Präsident des Rates Rasnačs bemerkte hierzu: "Mit der Verordnung wird die Insolvenzregelung der EU verbessert, denn sie zielt nicht nur darauf ab, die Interessen der Gläubiger besser zu schützen, sondern legt auch einen Rechtsrahmen fest. Ich bin überzeugt, dass diese neue Verordnung ganz klar ein Schritt in die richtige Richtung ist, denn sie sieht eine effizientere Regelung für grenzüberschreitende Insolvenzverfahren vor, was dazu beitragen würde, eine der derzeitigen Prioritäten – die Ankurbelung des Wachstums in Europa – zu verwirklichen."
Geltungsbereich
Der Geltungsbereich der Verordnung wurde erweitert, so dass er über das bereits in der geltenden Verordnung geregelte Liquidationsverfahren hinausgeht. Die neuen Vorschriften decken auch folgende Bereiche ab:
- Verfahren, die auf eine Sanierung des Schuldners in einer Situation gerichtet sind, in der lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz besteht
- Verfahren, bei
denen der Schuldner ganz oder teilweise die Kontrolle über seine Vermögenswerte
und Geschäfte behält
- Verfahren, die
eine Schuldbefreiung oder eine Schuldenanpassung in Bezug auf Verbraucher und
Selbständige zum Ziel haben.
Zuständigkeit für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Mit der neuen Verordnung werden die Verfahrensvorschriften für die Bestimmung der Zuständigkeit verbessert. Als Orientierungshilfe für alle Betroffenen und im Interesse größerer Rechtssicherheit wird das Konzept des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen des Schuldners näher präzisiert. Außerdem enthalten die neuen Vorschriften eine Reihe von Schutzvorkehrungen, um missbräuchliches "Forum Shopping" zu verhindern.
Sekundärinsolvenzverfahren
In dieser Verordnung sind spezifische Situationen vorgesehen, in denen das mit einem Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens befasste Gericht die Eröffnung eines solchen Verfahrens aufschieben oder ablehnen können sollte, und zwar auf Antrag des Verwalters im Hauptinsolvenzverfahren.
Darüber hinaus wird eine Reihe von Vorschriften über Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den im Haupt- und im Sekundärverfahren beteiligten Akteuren hinzugefügt.
Insolvenzregister
Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, relevante Informationen in grenzüberschreitenden Insolvenzfällen in einem öffentlich zugänglichen elektronischen Register bekanntzumachen. Dies wird die Information der Gläubiger und der Gerichte verbessern und die Eröffnung von Parallelverfahren verhindern.
Die Insolvenzregister werden über das E-Justiz-Portal vernetzt, um den Zugang zu diesen Informationen für Gläubiger und Gerichte in anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern.
Unternehmensgruppen
Die Verordnung enthält eine Reihe von Verfahrensvorschriften, die gewährleisten sollen, dass Insolvenzverfahren über das Vermögen verschiedener Gesellschaften, die einer Unternehmensgruppe angehören, effizient geführt werden.
Inkrafttreten
Die Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie wird in allen ihren Teilen verbindlich sein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten.
Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Verordnung über Insolvenzverfahren
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