Insolvenzen: Anstieg bei älteren Bundesbürgern
2015 sind die Privatinsolvenzen bei den Senioren das vierte Mal in Folge angestiegen.
Das Problem der Altersarmut ist in
Deutschland in den letzten Jahren verstärkt in sozialpolitische
Diskussionen gerückt. Die Wirtschaftsauskunftei Bürgel hat im Zuge
dieser Debatte die Privatinsolvenzen von Bundesbürgern in der
Altersgruppe „61 Jahre und älter“ detailliert ausgewertet. „Während die
Privatinsolvenzen in Deutschland seit fünf Jahren rückläufig sind,
werden ältere Bundesbürger zunehmend von dem Trend sinkender Fallzahlen
ausgeklammert“, sagt Bürgel Geschäftsführer Dr. Sellin.
2015 sind die
Privatinsolvenzen bei den Senioren das vierte Mal in Folge angestiegen.
Nach den starken Zunahmen in den letzten Jahren (2012: plus 1,2
Prozent, 2013: plus 8,4 Prozent, 2014: plus 13,9 Prozent) nahmen die
Fallzahlen in der Altersgruppe „61 Jahre und älter“ 2015 um 0,6 Prozent
zu (10.751 Fälle). Von 2011 bis 2015 stiegen die Privatinsolvenzen in
der Altersgruppe „61 Jahre und älter“ um 25,8 Prozent. „Wir gehen davon
aus, dass die Zahl der Privatinsolvenzen älterer Menschen auch im Jahr
2016 weiter ansteigen wird“, so Dr. Sellin.
Eine weitere
Eigenschaft unterscheidet die Privatinsolvenz von älteren Bundesbürgern
im Vergleich zu den anderen Altersgruppen. Das Schuldenvolumen ist in
der Altersgruppe „61 Jahre und älter“ mit knapp 45.000 Euro höher als
bei jüngeren Betroffenen. Der Bundesdurchschnitt überschuldeter
Verbraucher liegt bei circa 34.000 Euro.
Hamburg nimmt in der aktuellen Auswertung eine besondere Rolle ein.
Auf der einen Seite sinken die Privatinsolvenzen in der Altersgruppe „61
Jahre und älter“ um 10 Prozent und damit bundesweit am stärksten. Auf
der anderen Seite meldeten in der Hansestadt - im relativen Vergleich -
die meisten Privatpersonen eine Insolvenz an (77 Privatinsolvenzen je
100.000 Einwohner in der Altersgruppe „61 Jahre und älter“). Den
stärksten Anstieg im Vergleich zum Jahr 2014 gab es im Saarland. Hier
erhöhte sich die Zahl der Privatinsolvenzen in der Altersgruppe ab 61
Jahren um 14,5 Prozent. Einen zweistelligen Zuwachs gab es ebenfalls in
Berlin (plus 10,3 Prozent). Neben Hamburg hat sich die Situation in
Schleswig-Holstein am deutlichsten entspannt (minus 8,3 Prozent). Im
relativen Vergleich gab es nach Hamburg im Saarland (73 Insolvenzen je
100.000 Einwohner in der Altersgruppe „61 Jahre und älter"), in Bremen
(72) und in Schleswig-Holstein (68) die meisten Privatinsolvenzen. Unter
dem Bundesdurchschnitt (49) rangieren vor allem Thüringen (35),
Baden-Württemberg (37), Bayern (38) und Sachsen (39).
Beim Blick
auf die Geschlechter zeigt sich, dass auch bei den älteren Bundesbürgern
mehr Männer eine Privatinsolvenz anmelden müssen. 6.365 oder 65
Insolvenzen je 100.000 Einwohner in der Altersgruppe „61 Jahre und
älter“ wurden von Männern angemeldet (Frauen 4.386; 37 je 100.000
Einwohner).
Ursachen für eine Überschuldung im Alter, die in
einer Privatinsolvenz mündet, resultieren aus dem schlechten
Arbeitsmarkt in der Vergangenheit und dem Wandel der Erwerbsformen. Dazu
zählen die Zunahme von Niedriglohnbeschäftigung und
Langzeitarbeitslosigkeit sowie Anstiege der Unterbrechungen in den
Verläufen des Erwerbseinkommens. Die Gründe liegen auch in der Senkung
des Rentenniveaus. Steigende Steuern und Sozialabgaben bei weiter
sinkenden Renten werden das Problem verstärken. Das Risiko einer
Privatinsolvenz im Alter wird zudem durch hohe Kosten im Krankheitsfall
und eine gescheiterte Selbstständigkeit erhöht.
Viele der älteren
Bundesbürger sind bereits heutzutage auf eine Grundsicherung angewiesen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts beziehen derzeit knapp eine
Million Rentner die staatliche Grundsicherung im Alter, die Hälfte etwa
wegen einer dauerhaften Erwerbsminderung. Die Zahl der Bezieher von
Altersgrundsicherung hat sich zwischen 2003 und 2014 fast verdoppelt. Um
finanziellen Engpässen und Schulden zu begegnen, haben in den letzten
Jahren zudem Senioren vermehrt Minijobs angenommen. Diese Entwicklungen
in Verbindung mit dem demografischen Wandel werden dazu führen, dass
künftig eine immer größer werdende Bevölkerungsgruppe vor finanziellen
Problemen im Alter stehen wird.
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