Insolvenz-Paradox: auch in 2021 historisch niedrige Insolvenzzahlen
Insolvenz-Paradox: Trotz anhaltender Wirtschaftskrise auch in 2021 historisch niedrige Insolvenzzahlen
Die heute veröffentlichten Insolvenzzahlen des Gesamtjahres 2020 zeigen ein Krisenjahr mit historisch niedrigen Insolvenzzahlen. Ursache ist das durch staatliche Hilfen gelenkte Insolvenzgeschehen. Auch für 2021 sieht der Berufsverband der Insolvenzverwalter Deutschlands keine signifikante Veränderung.
Das Statistische Bundesamt, Destatis, veröffentlichte heute die Insolvenzzahlen für das Gesamtjahr 2020. Aus der Pressemitteilung* geht hervor, dass im Jahr 2020 15.841 Unternehmen Insolvenz anmelden mussten. 2019 waren dies noch 18.749 – dies entspricht einem Rückgang von 15,5 Prozent. Auch im Jahr 2021 sind die Insolvenzzahlen bisher deutlich niedriger als im Vorjahr. Für den Februar gibt Destatis 11 Prozent weniger eröffnete Unternehmensinsolvenzverfahren im Vergleich zum Vorjahrszeitraum an.
Die mit dem April 2020 einsetzende deutliche Verringerung der Insolvenzzahlen (siehe beiliegende Grafik) ist eine Folge verschiedener staatlicher Eingriffe zur Vermeidung von Insolvenzverfahren. „Dabei dreht die Bundesregierung besonders an vier Stellschrauben: Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, Ausweitung des Kurzarbeitergelds, finanzielle Hilfeleistungen und der Vollstreckungsstopp der Finanzbehörden und Krankenkassen“, erläutert Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbands der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID). Das Zusammenspiel dieser vier Stellschrauben bewirkt die äußerst niedrigen Zahlen von Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2020. Und diese liegen noch deutlich unter den Zahlen des Jahres 2019, das bereits einen historischen Tiefstand der vergangenen 25 Jahre markiert hatte.
„Mit einer Änderung der politischen Rahmenbedingungen wird im Wahljahr 2021 erst mit Aufnahme der politischen Arbeit durch den neugewählten Bundestag und damit erst zum Jahreswechsel 2021/2022 zu rechnen sein. Bis dahin dürften sich die Insolvenzzahlen entgegen der gesamtwirtschaftlichen Lage weiterhin auf niedrigem Niveau befinden“, so Niering weiter.
Die niedrigen Insolvenzzahlen dürfen allerdings nicht über den tatsächlichen Zustand der deutschen Unternehmen und die weiterhin bestehenden Insolvenzantragspflichten hinwegtäuschen. Nur die von der Pandemie betroffenen Unternehmen sind von der Antragspflicht ausgenommen, aber auch nur dann, wenn die beanspruchten Unterstützungsleistungen zur Überwindung der Insolvenzsituation ausreichen. Diesen Umstand haben viele Geschäftsführer und Vorstände wegen der komplexen Ausnahmeregelungen nicht im Blick. „Leider war die Kommunikation der Bundesregierung eine Zeit lang missverständlich, sodass der Eindruck entstanden ist, jedes Unternehmen sei von der Antragsstellung befreit. Wir können nur ausdrücklich appellieren genau zu prüfen, ob man antragspflichtig ist. Ansonsten besteht die Gefahr erheblicher persönlicher Haftungsrisiken“, warnt der VID-Vorsitzende.
In einer späteren Insolvenz überprüfen der Staatsanwalt und der Insolvenzverwalter, ob Insolvenzverschleppung vorlag – das kann straf- und zivilrechtliche Haftungen nach sich ziehen. Der Gesetzgeber hatte zuletzt zum 1.1.2021 die Haftungsregeln verschärft.
Über den VID:
Der Verband Insolvenzverwalter Deutschlands ist der Berufsverband der in Deutschland tätigen Insolvenzverwalter. Mit mehr als 450 Mitgliedern vertritt er die überwiegende Mehrheit dieser Berufsgruppe. Die Mitglieder verpflichten sich auf „Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung“ und zur Zertifizierung nach ISO:9001. Damit setzt der Verband Maßstäbe für eine unabhängige, transparente und qualitativ anspruchsvolle Insolvenzverwaltung. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Unternehmensinsolvenzverwalter.
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