Gesundheitssektor, Automotive und Mode waren Spitzenreiter bei Großinsolvenzen
2024 werden Insolvenzen um ein Drittel steigen
Schwacher Konsum, hohe Energiepreise und steigende Finanzierungskosten – das ist der Dreiklang, der viele Unternehmen 2023 in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht hat. 260 Großunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Mio. Euro mussten deshalb im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden, so die Insolvenzanalyse der Unternehmensberatung Falkensteg. Ein Plus von 14,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2022. Spitzenreiten waren das Gesundheitswesen (38 Insolvenzen) mit Krankenhäusern und Pflegediensten sowie die Modeunternehmen (30 Insolvenzen). In diesen Branchen stiegen die Pleiten sogar um das Zweieinhalbfache. Trotz 32 Anträgen gab es bei den Automobilzulieferern einen Abwärtstrend um drei Prozent. Lichtblicke zeigten sich dagegen im Maschinen- und Anlagenbau (24 Insolvenzen) sowie bei den Metallherstellern (24 Insolvenzen), deren Insolvenzanmeldungen gegenüber dem Vorjahr um 31,4 bzw. vier Prozent zurückgingen.
Im 20-Jahresvergleich bewegen sich die aktuellen Insolvenzzahlen jedoch weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Lediglich 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gab es mit 292 Großinsolvenzen ein Zwischenhoch. „Wir erleben einen Nachholeffekt aus der Pandemie. Unternehmen, die damals durch staatliche Hilfsmaßnahmen am Leben gehalten wurden, kippen jetzt um. Oft, weil das Geschäftsmodell schon seit Jahren nicht mehr funktioniert“, erklärt Restrukturierungsexperte und Falkensteg-Partner Jonas Eckhardt.
Insgesamt setzten die 260 insolventen Unternehmen 18,3 Milliarden Euro um. Das ist rund ein Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum. Damals erwirtschafteten die 227 insolventen Unternehmen nur rund 12,4 Milliarden Euro. Besonders betroffen waren Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro. Mit 34 Fällen stieg die Zahl der Anträge in dieser Umsatzklasse um 50 Prozent.
Insolvenzen 2024 werden zunehmen
Insgesamt zeigen sich die deutschen Unternehmen angesichts der vielen Krisen robuster als erwartet. Die Auswirkungen der Polykrisen der vergangenen zwei Jahre werden sich jedoch erst ab Mitte 2024 in der Insolvenzstatistik niederschlagen. „Vor allem bei größeren Unternehmen, die mehr Schwungmasse mitbringen und die bisherige Durststrecke länger überleben konnten, werden die Anträge zunehmen“, schätzt Eckhardt. Eine Insolvenzwelle schließt der Restrukturierungsexperte allerdings aus: „Wir werden in diesem Jahr rund 30 Prozent mehr Insolvenzen registrieren, in einigen Branchen sogar überproportional.“
Weiter im Gegenwind stehen das Gesundheitswesen, der Einzelhandel und das Baugewerbe. Die Kostensituation hat sich kaum entspannt und setzt die Branchen weiter unter Druck. „Die Preise für Energie und Rohstoffe sind im vergangenen Jahr etwas gesunken. Sie werden aber dauerhaft über dem Preisniveau von vor 2022 bleiben. Weiterhin stehen deutliche Lohnerhöhungen an. Vielfach können diese Mehrkosten nicht an die Kunden weitergegeben werden oder die Erstattungen reichen wie im Gesundheitswesen nicht aus“, so Eckhardt.
Auch der Maschinenbau und die Automobilzulieferer rücken wieder stärker in den Fokus der Insolvenzen. „Die Maschinenbauer arbeiten derzeit ihre vollen Auftragsbücher ab. Die rückläufigen Auftragseingänge in dieser Branche und die anhaltende Investitionszurückhaltung in deutsche Produktionsstandorte lassen für die nächsten zwei Jahre jedoch nichts Gutes erwarten“, so Eckhardt. Eine weitere Hürde sieht der Falkensteg-Berater in der Finanzierung neuer Projekte oder des Hochlaufs der Produktion. Die Bereitschaft der Banken, Kredite an Maschinenbauer und Zulieferer zu vergeben, sei zurückhaltend. Zudem belasten weitere Risikoaufschläge und die Zinswende die Kreditkosten. „Wenn die Fremdfinanzierung teurer wird und später die Liquidität fehlt, um diese Kosten zu tragen, bleibt oft nur die Insolvenz“, sagt Restrukturierungsexperte Jonas Eckhardt.
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