EU-Kommission legt Richtlinienentwurf für Harmonisierung des Insolvenzrechts vor
ARGE Insolvenzrecht & Sanierung begrüßt das Vorhaben, einen einheitlichen, wettbewerbsfähigen Binnenmarkt voranzutreiben
Die unterschiedlichen nationalen Insolvenzrechtrechtsordnungen führen bisher zu einer erheblichen Unsicherheit seitens der Gläubiger. Die Europäische Zentralbank (EZB) forderte deshalb wiederholt, dass die verschiedenen Insolvenzregelungen einzelner Länder effizient vereinheitlicht werden müssten, um mehr Transparenz und Sicherheit für die einzelnen Akteure am Markt zu schaffen.
RA Daniel Fritz, Sprecher der Europagruppe der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung, der an dem Vorschlag als Private Expert der Kommission beteiligt war, erläutert: „Der Richtlinien-Vorschlag der EU verfolgt unter anderem drei Ziele: Die Realisierung der Insolvenzmasse durch Verwertung des Schuldnervermögens, Effizienz und Berechenbarkeit der Verfahren sowie eine faire Verteilung unter den Gläubigern.“
Im Wesentlichen beinhaltet der Vorschlag der Kommission, der durch eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates umgesetzt werden soll, die folgenden Bereiche:
• Einführung eines 'Pre-Pack'-Insolvenzverfahrens,
• Stärkung des „Asset Tracing“ in grenzüberschreitenden Verfahren durch verbesserten Zugang zu Informationen und Registern,
• Vereinfachte Abwicklungsverfahren für Kleinstunternehmen,
• Anforderungen zur Verbesserung der Vertretung von Gläubigerinteressen im Verfahren durch Gläubigerausschüsse,
• Regelungen zur rechtzeitigen Antragstellung durch die Geschäftsleiter und
• Mindestanforderungen an die Insolvenzanfechtung.
Zum Inhalt des Reformvorschlags ergänzt Dr. Anne Deike Riewe als Co-Vorsitzende der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung: „Schon die Stellungnahmen im Vorfeld haben gezeigt, dass das sog. 'Vereinfachte Abwicklungsverfahren für Kleinstunternehmen' vielen missfallen wird, da es in Fällen zu geringer Vermögensmasse verwalterlos und nur mit optionaler Anfechtung ablaufen könnte. Dagegen bleibt die von manchen befürchtete Beschränkung des deutschen Anfechtungsrechts aus. Die in diesem Bereich vorgeschlagenen Standards der EU orientieren sich vielmehr am geltenden deutschen Recht und schließen strengere Regelungen auch nicht aus.“
Daniel Fritz weist weiter darauf hin, „dass die vorgeschlagenen Regelungen zum 'Pre-Pack', also einem vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorbereiteten Asset Deal, sehr detailliert sind und auf den zweiten Blick vom deutschen Recht abweichen. So ist etwa vorgesehen, dass das Gericht und nicht die Gläubiger den Plan genehmigen und wichtige Verträge ohne Zustimmung der Gegenpartei auf den Erwerber übergehen. Hier könnte es nach dem Wortlaut der Richtlinie erforderlich werden, in der Insolvenzordnung weitere Optionen einzuführen, um so eine zügigere übertragende Sanierung zu ermöglichen."
Dr. Anne Deike Riewe betont: „Die Antizipation des Vorschlags zeigte bereits kontroverse Meinungen. Uns als ARGE Insolvenzrecht & Sanierung ist es wichtig, unseren Mitgliedern den Vorschlag zu erläutern und so eine fundierte Meinungsbildung zu ermöglichen. Alles in allem erwarte ich spannende Diskussionen unter den Stakeholdern."
Über die Arbeitsgemeinschaft:
Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht & Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von über 1.400 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als Arbeitsgemeinschaft im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag / European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.
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