04.10.2016 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Erfolg im Insolvenzverfahren: Nahtloser Übergang des Verkehrsbetriebs in Gera

Gera: Insolvente Verkehrsbetriebe sollen nun regulären Geschäftsbetrieb wieder aufnehmen

Sie haben das Ziel pünktlich erreicht: Der Kaufvertrag zwischen einer von der Stadt Gera, vertreten durch die Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn, neugegründeten Betreibergesellschaft und Dr. Michael Jaffé als Insolvenzverwalter der Geraer Verkehrsbetrieb GmbH i.IN. (GVB) über das Anlagevermögen der GVB konnte vollzogen werden.


Ab 01. Oktober 2016, eine Sekunde nach Mitternacht, gehören die Busse und Straßenbahnen der insolventen GVB wieder der Stadt Gera. Die kommunale GVB Verkehrs- und Betriebsgesellschaft Gera mbH führt den Personennahverkehr in der drittgrößten Stadt Thüringens nahtlos weiter.

Der Kaufpreis für das betriebsnotwendige Anlagevermögen beläuft sich auf 29,5 Mio. Euro. Möglich wurde der Erwerb durch die Unterstützung des Landes Thüringen, das im Juli mit der Genehmigung des Haushaltes grünes Licht für die notwendige Kreditaufnahme durch die Stadt Gera gegeben hatte.


Präzedenzfall in Deutschland

Die Fahrgäste werden von dem Betriebsübergang vom alten auf den neuen Betreiber nichts spüren. Der Fahrplan bleibt unverändert, ebenso die Beförderungskonditionen und Fahrpreise. Auch die Fahrer bleiben dieselben, denn die neue Betreibergesellschaft übernimmt alle Mitarbeiter der insolventen Gesellschaft und beschäftigt sie zu den gleichen Konditionen weiter, alle Arbeitsverträge behalten ihre Gültigkeit.


„Die geglückte Sanierung eines solchen Verkehrsbetriebs ist ein Präzedenzfall in Deutschland. Wir mussten dabei vielschichtige Probleme rechtlicher und organisatorischer Art lösen und gleichzeitig ein Leistungsangebot auf hohem Niveau aufrechterhalten. Letztlich konnten wir diese Herausforderung in intensiver Abstimmung mit der Stadt Gera und dem Land Thüringen meistern. Das von allen Beteiligten gemeinsam getragene Sanierungskonzept bildete die Basis, um den Nahverkehr so zu organisieren, dass die Stadt Gera im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge den Betrieb eigenständig finanzieren kann. Gleichzeitig werden wir mit dieser Lösung jedoch auch den Interessen der Gläubiger bestmöglich gerecht. Die Gläubigerversammlung stimmte dem Kaufvertrag daher auch einhellig zu“, hob der vom Amtsgericht Gera bestellte Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé von der Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter hervor.


Zuschussbedarf fast halbiert – 29 Millionen Menschen befördert

Unter der Regie des Insolvenzverwalters konnte der Zuschussbedarf der GVB von vorinsolvenzlich über 4 Mio. Euro in den letzten beiden Jahren auf rund 2,0 bis 2,5 Mio. Euro reduziert werden. Dabei stiegen die Einnahmen aus Verkehrsleistungen (Umsatzerlöse) in dem betreffenden Zeitraum sogar leicht von 11,1 Mio. Euro auf 11,3 Mio. Euro an. In den zwei Jahren der Insolvenz beförderte der GVB rund 29 Mio. Menschen (Unternehmensbeförderungsfälle).


Die Fahrplankilometer sanken mit der Umsetzung des Sanierungskonzepts und der damit verbundenen Streichung unrentabler Fahrten vor allem im Busverkehr von 3,85 Mio. auf 3,25 Mio. Kilometer pro Jahr. Der Kostendeckungsgrad stieg jedoch gleichzeitig von 79 auf 85 Prozent.


Nach dem von der Stadt verabschiedeten Nahverkehrsplan wird auch die neue Betreibergesellschaft rund 3,25 Fahrplankilometer, verteilt auf die drei Straßenbahnlinien (1,41 Mio. Kilometer) sowie 20 Buslinien (1,84 Mio. Kilometer) anbieten.

„Mein Dank gilt den Fahrgästen, die dem Verkehrsbetrieb die Treue gehalten haben und dies auch künftig tun. Ebenso danke ich den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; sie trifft für die Insolvenz des alten GVB keine Schuld. Heute kann ein von den Lasten der Vergangenheit befreiter Verkehrsbetrieb mit hoher Kosteneffizienz an den Start gehen, der am tatsächlichen Bedarf orientierte Dienstleistungen anbietet. Dieses Verkehrsangebot ist nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für die Stadt Gera bezahlbar.  Ich möchte auch betonen, dass es letztlich zu der Direktübernahme keine vernünftige, realisierbare Alternative gab“, so das Fazit der Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn.


Der Geraer Stadtrat hatte mit der Errichtung der GVB Verkehrs- und Betriebsgesellschaft Gera mbH am 15. März 2016 und dem Beschluss des Verkehrsvertrags zwischen der Stadt und der neuen GVB-Betreibergesellschaft am 16. Juni 2016 den Weg für die Übernahme des Nahverkehrs in den Eigenbetrieb bereitet. Mitte Juli erteilte das Land schließlich die Zustimmung zum Nachtragshaushalt der Stadt Gera und der darin vorgesehenen Kreditaufnahme in Höhe von 29,5 Mio. Euro zum Erwerb des betriebsnotwendigen Anlagevermögens.


Mit dieser Transaktion konnte ein weiterer hochkomplexer Problembereich, der in Folge der Insolvenz der Stadtwerke Gera AG Ende Juni 2014 entstanden war, einer für die Stadt Gera wie für die übrigen Verfahrensbeteiligten befriedigenden Lösung zugeführt werden. Vor wenigen Wochen war dies der Insolvenzverwaltung der Stadtwerke Gera AG auch beim Verkauf der Anteile an der Wohnungsbaugesellschaft GWB Elstertal an einen internationalen Investor gelungen. Bereits 2015 konnte für zwei andere ehemalige Beteiligungen der Stadtwerke Gera AG eine nahtlose Fortführungslösung realisiert werden.

 




Weitere Informationen:

Zu den national und international bekanntesten Insolvenzverfahren von Dr. Michael Jaffé zählen der Medienkonzern KirchMedia, Qimonda sowie die deutschen Tochtergesellschaften der Petroplus-Gruppe, des größten unabhängigen Raffineriebetreibers in Europa. Darüber hinaus gelang es ihm in den letzten Jahren unter anderen die Sanierung des Wohnwagen-Produzenten Knaus Tabbert, der Grob Aerospace sowie der Cinterion Wireless Modules Holding GmbH abzuschließen. 2014 konnte er den Geschäftsbetrieb der Kaiser GmbH, eines wichtigen Zulieferers für die internationale Automobilindustrie mit 640 Arbeitnehmern, vor dem Aus retten und einen Investor dafür finden. Als Insolvenzverwalter über das Vermögen der insolventen Fondsgesellschaft NARAT GmbH & Co. KG veräußerte er im Sommer 2016 eines der größten Gewerbeimmobilien-Portfolios in Nordrhein-Westfalen.

Die Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter zählt seit mehr als zwei Jahrzehnten zu den führenden Kanzleien in den Bereichen Insolvenzverwaltung, Insolvenzrecht und Prozessrecht, insbesondere in komplexen und grenzüberschreitenden Verfahren. Die Anwälte der Kanzlei verstehen Unternehmenskrise und Insolvenz nicht als Ausdruck unternehmerischen Scheiterns, sondern setzen sich mit großem Nachdruck und Erfolg dafür ein, dass das Unternehmen in der Insolvenz saniert wird, Arbeitsplätze erhalten und zugleich die Gläubiger bestmöglich befriedigt werden, und zwar sowohl innerhalb eines klassischen Insolvenzverfahrens als auch im Rahmen von Eigenverwaltungen und Schutzschirmverfahren. Dr. Jaffé und die Anwälte der Kanzlei werden regelmäßig als Insolvenzverwalter und Sachwalter bestellt; ihre Erfahrungen und ihre Unabhängigkeit sind ein Garant für ein faires und erfolgreiches Verfahren.

 


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