DSW-Vizepräsident Klaus Nieding: Deutsche Börse muss Fusionspläne nach Brexit massiv anpassen oder begraben
Durch das Austrittsvotum der Briten ist ein Zusammengehen der beiden Börsenplätze nach Ansicht des DSW-Vizepräsidenten und kaum noch durchsetzbar. Ein Konzernsitz in London sei nun völlig ausgeschlossen.
Nach
der Entscheidung der Briten für den sogenannten „Brexit“ macht eine
Fusion der Deutschen Börse AG mit der London Stock Exchange unter den
bisherigen Parametern keinen Sinn mehr, ist DSW-Vizepräsident Klaus
Nieding überzeugt: „Das Vorhaben war bereits vor dem Austritt-Votum
Großbritanniens mehr als zweifelhaft. Der rechtliche Sitz des
fusionierten Unternehmens sollte in London sein, und der Aktienhandel
hätte allen Beteuerungen des Deutsche-Börse-Chefs zum Trotz faktisch im
Wesentlichen auch dort stattgefunden. Das war nicht im Sinne des
Finanzplatzes Frankfurt und stets ein großer Kritikpunkt“, so Nieding,
„aber nach der Brexit-Entscheidung darf genau deshalb eine Börsenfusion
unter den bisherigen Vorzeichen gar nicht mehr in Frage kommen“, fordert
Nieding. Er geht davon aus, dass die hessische Börsenaufsicht aus
diesen Gründen ohnehin ihre Genehmigung zu dem Vorhaben nicht erteilen
wird. „Es sei denn, diese beiden wichtigen Punkte werden zugunsten von
Frankfurt am Main abgeändert.“
Für Nieding, der Aktionäre der Deutsche Börse AG bereits während des gescheiterten Fusionsversuchs mit der Londoner Börse Anfang des neuen Jahrtausends vertreten hat, spielt gerade die Sitzfrage vor allem aus aufsichtsrechtlicher Sicht eine wesentliche Rolle. „Die Erleichterungen durch den sogenannten ‚Europäischen Pass’, also der Entfall einer Doppelaufsicht bzw. -genehmigungspflicht gelten eben nur für Unternehmen mit Sitz innerhalb der Mitgliedstaaten der EU.“
Folglich könne eine fusionierte neue Börsengesellschaft eher noch im Bereich früherer ‚Kolonien’ wie der französischen Karibikinsel Saint-Martin ansässig sein, als in London. Denn die britische Finanzmetropole sei ja demnächst nicht mehr Teil der EU. „Die Führung der Deutschen Börse sollte daher ihre bisherigen Fusionspläne nochmals kritisch hinterfragen und massiv anpassen oder ganz begraben - die Börsenaufsicht kann nach dem Brexit einem Sitz der fusionierten Börse in London jedenfalls nicht zustimmen“, so der DSW-Vize.
Aktionäre der Deutschen Börse sollen bis zum 12. Juli über die Fusionspläne entscheiden. Die Anteilseigner der Londoner Börse LSE kommen am 4. Juli zu einer außerordentlichen Hauptversammlung zusammen und entscheiden ihrerseits über das Zusammengehen.
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