23.02.2024 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Diakonieverein Amberg zieht sich aus stationärer Altenhilfe zurück

Diakonieverein Amberg beantragt Insolvenz  in Eigenverwaltung

Insolvenz in Eigenverwaltung soll Zukunft anderer Angebote sichern


Der Diakonieverein Amberg schließt das Seniorenheim am Maria-Hilf-Berg zum 30. April 2024 und hat zugleich Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Diesem Antrag hat das Amtsgericht Amberg nun stattgegeben. „Uns blutet das Herz, die Reißleine für die Seniorenpflege ziehen zu müssen. Doch um die Betreuung in unseren anderen Einrichtungen – Ambulante Pflege, Kindergarten- und Familienarbeit und Offene Behindertenarbeit – wie gewohnt fortführen zu können, mussten wir diese Entscheidung treffen“, erklärt Marcus Keil, Geschäftsführer des Diakonievereins. Er steht bereits mit regionalen Einrichtungen in Kontakt, die die pflegebedürftigen Seniorinnen und Senioren aufnehmen können. Auch die Pflegekräfte versucht er an andere Einrichtungen zu vermitteln. Sie haben gute Chancen, neue Stellen zu finden. Die Restrukturierung in der Insolvenz in Eigenverwaltung wird begleitet von den Sanierungsexperten Thomas Klöckner und Klaus Ziegler der LECON Restrukturierung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. „Es zeigt sich immer deutlicher, dass im Bereich der Wohlfahrt dringend ein Paradigmenwechsel ansteht. Hier müssen alle an einen Tisch - Staat, Wohlfahrtseinrichtungen, aber auch die Wirtschaft und Gesellschaft als Nutznießer – um das System langfristig auf stabile und sichere Beine zu stellen“, sagt Klaus Ziegler.

 

Eigentlich sollte das Seniorenheim erweitert werden, die Pläne waren in trockenen Tüchern. Doch dann kam es zu erheblichen Verzögerungen am Bau, die schließlich die Kosten eklatant in die Höhe trieben. Maßgeblich für die Entscheidung, das Seniorenheim zu schließen, war jedoch die dramatische Personalsituation. „Eine Pflege, die unseren Ansprüchen und denen unserer Bewohnerinnen und Bewohner entspricht, ist bereits in den letzten Monaten nur noch unter größten Anstrengungen und durch das enorme Engagement unserer Kolleginnen und Kollegen möglich gewesen. Wir bräuchten unbedingt neue Kräfte, um das gewohnte hohe Niveau aufrechtzuerhalten, und die finden wir leider nicht“, sagt Klaus König, zweiter Vorsitzender des Diakonievereins Amberg. Marcus Keil erklärt, der Diakonieverein sei bereits mit anderen regionalen Trägern der Altenhilfe im Gespräch, um Plätze für die aktuell 65 Bewohner und Bewohnerinnen des Seniorenheims zu finden. Auch die betroffenen Pflegekräfte hätten gute Aussichten, dort neue Stellen zu finden. Pflegekräfte werden auch dort dringend gesucht. „Wir werden in dieser schwierigen Situation alles tun, um den Übergang für die Betroffenen so leicht wie möglich zu machen“, so Keil weiter.

 

Fortführung der weiteren Angebote geplant 

Die Schließung der stationären Seniorenpflege, so bitter sie auch ist, ebnet den Weg für die Insolvenz in Eigenverwaltung, um die übrigen Angebote des Diakonievereins Amberg zu erhalten. Die Ambulante Pflege, Kindergarten- und Familienarbeit sowie die Offene Behindertenarbeit werden weiter angeboten wie gewohnt, ohne Einschnitte für Mitarbeitende und betreute Menschen. „Diese Bereiche haben sehr gutes Potenzial, auch in Zukunft weiter zu bestehen. Ein Sanierungsplan liegt vor, die ersten Maßnahmen nehmen wir bereits mit Herrn Keil und seinem Team in Angriff“, erklärt Thomas Klöckner, Sanierungsexperte von LECON. Als Sachwalter wird Volker Böhm der Kanzlei Schultze & Braun das Verfahren begleiten und die Interessen der Gläubiger vertreten.

 

Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung führt der Vorstand des Diakonievereins die Geschäfte weiter und bleibt voll handlungsfähig. Am Ende eines solchen Verfahrens sind betroffene Unternehmen in der Regel erfolgreich saniert und restrukturiert und stehen wieder auf eigenen Beinen. Klaus Ziegler erklärt: „Dazu muss das Management frühzeitig handeln und die Firma bzw. Einrichtung vom Gericht als sanierungsfähig und sanierungswürdig erachtet werden. Dies ist beim Diakonieverein Amberg glücklicherweise der Fall.“

 

„Die Einstellung muss sich ändern“ 

Der Diakonieverein Amberg ist nicht die erste Wohlfahrtseinrichtung, die von finanziellen und personellen Herausforderungen gebeutelt wird. Die Crux liegt hier laut Ziegler an einer verschobenen Wahrnehmung: „Es herrscht die Einstellung vor, dass sich solche sozialen Angebote schon irgendwie selber finanzieren werden. Es muss einerseits klar sein, dass solche Leistungen genauso betriebswirtschaftlich organisiert und vermarktet werden müssen wie jedes andere unternehmerische Angebot auch. Andererseits können aber die Wohlfahrteinrichtungen von Staat, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft mit diesen Herausforderungen nicht allein gelassen werden. “ Auch Marcus Keil wünscht sich, dass hier ein Umdenken stattfindet. „Wir lieben das, was wir tun, und setzen uns mit aller Kraft für die Menschen ein, die wir betreuen. Adäquate Förderung würde uns die Arbeit erheblich erleichtern“, sagt er.

 

 

 

Über den Diakonieverein Amberg

Der Diakonieverein Amberg e.V. besteht seit 135 Jahren und ist Träger von fünf Kindertagesstätten mit insgesamt mehr als 360 Plätzen, einem ambulanten Pflegedienst mit rund 200 Kunden, einer kleinen offenen Behindertenarbeit, sowie einer stationären Pflegeeinrichtung mit ursprünglich 79 Plätzen. Damit sind ist er in Amberg fester Bestandteil in den Bereichen Kindererziehung und Senioren- / Behindertenarbeit. Der Verein hat knapp 400 Mitglieder und 170 Mitarbeitende, davon ca. 70 im Seniorenheim.

 

 

Über LECON

LECON ist ein Team aus erfahrenen und mittelstandsorientierten Restrukturierungsexperten in den Bereichen Restrukturierung, Managementberatung und Insolvenz an den Standorten München, Augsburg, Nürnberg, Rosenheim und Frankfurt.  LECON hilft Unternehmen durch pragmatische, problem- und lösungsorientierte Arbeitsansätze. Durch den Aufbau komplementärer Kompetenzen aus Unternehmensberatern und Rechtsanwälten bietet LECON eine 360°-Perspektive für alle kritischen Sondersituationen.


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