Berliner Restrukturierungsforum: Die Zukunft der Autohändler
Die Zukunft der Autohändler – wo stehen Autohäuser in 10 Jahren?
Nach der Begrüßung durch Detlev Bremer (Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) führte Walter Missing (Inhaber, Missing Management GmbH & Co. KG) in das Thema des Abends ein. Er machte zunächst deutlich, dass die Autohändler schon immer mit großen Herausforderungen konfrontiert gewesen seien und zeigte die seit Jahren niedrige Rendite des markengebundenen Autohandels auf. Er berichtete, dass diese Situation u. a. auch im Zusammenhang damit stehe, dass Deutschland das dichteste Händlernetz weltweit habe. „Im Zeitalter der digitalen Transformation und der kommenden Elektromobilität stehen die Autohändler vor weiteren Herausforderungen in Form von neuen digitalen Prozessen und Technologien, nahezu wartungsfreien Autos, veränderten Kundenerwartungen und neuen Wettbewerbern“, so Missing.
Nach Meinung des Experten müssen Autohändler ihr Geschäftsmodell anpassen und den digital vernetzten Kunden dabei in den Fokus stellen. Vor allem Konzepte wie Online-Vertrieb, Services on Demand, Shared Mobility, Car Sharing und autonomes Fahren müssten in Zukunft verstärkt integriert werden. Diese neuen Konzepte brachten den Experten zu der These, dass für das Auto selbst die besten Jahre erst noch kommen werden. Für den Automobilhandel bestünde nun die Chance, dass er verstärkt als Dreh- und Angelpunkt für die Mobilität der Zukunft fungieren und in die Bereitstellung, Pflege und Wartung der Fahrzeuge einsteigen könne. Gleichzeitig sieht Missing die Gefahr, dass unter anderem ein Anstieg von Shared Mobility eine Reduzierung des Neuwagen-Absatzes bedeuten und die Elektrofahrzeuge sowie das autonome Fahren langfristig zu einem Rückgang des heute ertragsstarken Unfallreparatur- und Servicegeschäftes führen könne. Allen Unkenrufen zum Trotz habe auch das Autohaus weiterhin eine Zukunft, denn die stationäre persönliche Beratung sowie seine Infrastruktur mit Probefahrten und Inzahlungnahmen seien von den Kunden weiterhin erwünscht. Jedoch werden sich die Schwerpunkte ändern und so unter anderem neue Vertriebsformate wie Pop-up Stores, Gebrauchtwagen-Leuchttürme und Service-Factories entstehen. Bezogen auf die Vertriebsnetzpolitik forderte Missing, dass das Vertriebsnetz konsolidiert werden müsse. So werden seiner Meinung nach die großen Händler weiterhin wachsen und die kleinen Händler sich verstärkt auf das Servicegeschäft konzentrieren oder ausscheiden. Verkauf, Liquidation oder Insolvenz würden deshalb auch weitere Optionen für die kleinen Händler darstellen.
In der Podiumsdiskussion – moderiert von Dr. Kirsten Schümann-Kleber (GÖRG Rechtsanwälte Partnerschaft mbB) und Rüdiger Wienberg (hww hermann wienberg wilhelm) – berichtete Dr. Manfred Riegger (Leiter Collections Coporate, Mercedes-Benz Bank Service Center GmbH), dass er im Car Sharing und im autonomen Fahren die größten Herausforderungen für den deutschen Autohandel sehe. Für die Banken habe die verstärkte Nachfrage von Car Sharing die Folge, dass der Bedarf von Finanzierungen abnehme. Dr. Riegger zeigte sich überzeugt von der Zukunft der Autohändler, allerdings nur, wenn sie den Transformationsprozess rechtzeitig erkennen und auf den Zug aufspringen würden. „Die Händler wissen zwar um ihren Transformationsbedarf, werden aber nicht aktiv“, stellte Riegger fest. Diese Meinung teilten auch die beiden anderen Podiumsteilnehmer.
Oliver Roland Schweizer (Partner, Ernst & Young Real Estate GmbH) erklärte, dass sich die Unsicherheiten in der Automobilbranche auch auf das immobiliäre Konzept von Autohäusern auswirken würden. Die Anforderungen im Bereich der Wartung und des Services von Autos werde sich durch die Umstellung der Antriebstechnologie verändern. Auch die Customer Journey, also wie der Kunde ein Auto konfiguriert und erwirbt, stehe im starken Wandel. Diese Veränderungen hätten unmittelbare und ganzheitliche Konsequenzen auf die Zukunft der Immobilie Autohaus. Viele Autohäuser würden sich über diese Veränderungen jedoch derzeit kaum Gedanken machen. Der Trend gehe weg von großflächigen Show-Rooms hin zu kleineren Ausstellungsflächen und zentralisierten Flagship Stores sowie ausgelagerten Service Spots. Schweizer berichtete außerdem, dass alternative Konzepte zur Nutzung von leerstehenden Autohäusern eine Herausforderung darstelle, dies allerdings immer eine Einzelfallbetrachtung sei. Oftmals würden leerstehende Immobilien entweder eine Drittnutzung oder ein komplettes Redevelopment erfahren.
Missing betonte während der Podiumsdiskussion noch einmal, dass der wichtigste Treiber der Veränderungen im Autohandel vor allem die Erwartungen der jungen Kunden sei. Außerdem berichtete der Branchenexperte, dass vor allem in Städten der Bedarf an Alternativen zu Privat-PKWs – im Vergleich zu ländlichen Regionen – verstärkt steigen würde. Missing stellte zudem fest, dass für kleine Händler nicht allein die niedrige Rendite des Geschäftsmodells die Herausforderung sei, sondern sie die Banken von ihrer zukünftigen Finanzierungsfähigkeit überzeugen müssten.
Das Berliner Restrukturierungsforum ist eine Plattform für Experten der Branche und wird von Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, GÖRG Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, hww hermann wienberg wilhelm und Restrukturierungspartner veranstaltet. Es bringt zweimal pro Jahr alle an der Sanierung eines Unternehmens Beteiligten zusammen. Hochrangige Gäste stellen aus verschiedenen Blickwinkeln ein aktuelles Thema vor und teilen ihr Expertenwissen mit den Gästen in der Diskussion. Mehr unter: www.berliner-restrukturierungsforum.de. Die nächste Veranstaltung findet im Herbst 2019 statt.
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