ARGE fordert gesetzliche Regelung zur Unpfändbarkeit der Energiekostenpauschale.
ARGE Insolvenzrecht & Sanierung im DAV fordert gesetzliche Regelung zur Unpfändbarkeit der Energiekostenpauschale.
Mit den Löhnen und Gehältern des Monats September 2022 wird den Erwerbstätigen in Deutschland die Energiekosten- bzw. Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 300 Euro ausgezahlt werden. Was zu einer finanziellen Entlastung angesichts der stark angestiegenen Energiepreise und insbesondere der Fahrtkosten führen soll, stellt die insolvenzrechtliche Praxis nun vor bislang ungeklärte Herausforderungen im Falle einer privaten Zahlungsunfähigkeit von Anspruchsberechtigten.
Als Ausgleich für die immens gestiegenen Energiekosten seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den gedrosselten Gaslieferungen sollen private Haushalte durch die sogenannte Energiekostenpauschale kurzfristig finanziell entlastet werden. Ausgezahlt wird der Betrag für die meisten Empfänger mit den Löhnen und Gehältern im September, je nach Auszahlungs- und Meldezyklus des Arbeitgebers kann der Auszahlungszeitpunkt allerdings variieren.
Um Menschen mit geringerem Einkommen besser zu entlasten, ist die EPP an den Steuersatz des Arbeitsentgelts gekoppelt. Mehrverdiener müssen dadurch einen Großteil der Pauschale an den Staat zurückgeben, jene mit geringerem Einkommen behalten mehr. Obwohl die Pauschale versteuert werden muss, stellt sie keinen Arbeitslohn dar und ist deshalb auch bei der Berechnung der Sozialabgaben nicht zu berücksichtigen. Wenngleich sie zwar steuerrechtlich wie Arbeitsentgelt behandelt wird, erklärt das Bundesministerium der Finanzen, dass die Pauschale von einer Lohnpfändung nicht umfasst sei. Damit ist ihre grundsätzliche Unpfändbarkeit aber noch nicht geregelt.
Kai Henning, Sprecher der Arbeitsgruppe Verbraucherinsolvenz und Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung im DAV, geht allerdings von einer Unpfändbarkeit der EPP aus, da diese eine zweckgebundene Leistung im Sinne des § 851 ZPO ist (vgl. Prof. Hugo Grote InsbürO Heft 9/2022): „Es dürfte kaum Sinn und Zweck der Regelung zum EPP und vom Gesetzgeber daher nicht gewollt sein, dass die EPP in Zwangsvollstreckung oder Insolvenz zur Schuldentilgung eingesetzt wird und damit den wahren Zweck der Entlastung der Bürger:innen nicht erfüllen kann.“ Er verweist auf den Beschluss des BGH vom 10. März 2021 (VII ZB 24/20): „Der Bundesgerichtshof hat auch die Coronahilfen für Gewerbebetriebe und Selbstständige für unpfändbar erklärt.“
Dr. Ruth Rigol, Fachanwältin für Insolvenzrecht sowie ebenfalls Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung, sagt hierzu aus ihrer Sicht als Insolvenzverwalterin: „Den Insolvenzschuldnern, die ohnehin nichts Pfändbares mehr haben, die Prämie durch Pfändung zu nehmen, wäre absurd. Die Entscheidung über die Pfändbarkeit bei den Gerichten zu lassen, wie bei der Frage der Pfändbarkeit der Corona-Prämie außerhalb von Pflegeberufen, schafft in der Zwischenzeit große Unsicherheit bei den Insolvenzschuldnern und den Insolvenzverwaltern und führt dazu, dass in vielen Fällen die Betroffenen die Gelder nicht erhalten, da sie die rechtliche Auseinandersetzung scheuen. Auf diese Unsicherheit können alle Beteiligten in einem Insolvenzverfahren gerne verzichten. Hinzukommt, dass der Kreis der von einer Pfändung oder einem Insolvenzverfahren Betroffenen sehr groß ist und in die Millionen geht.“
Auch die Coronaprämie für Arbeitnehmer:innen wurde erst in der vergangenen Woche vom Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25. August 2022 -8 AZR 14/22-) für unpfändbar erklärt, da der Gesetzgeber auch in diesem Fall eine Regelung unterlassen hatte. Die ARGE Insolvenzrecht & Sanierung fordert den Gesetzgeber daher auf, durch eine gesetzliche Regelung zur Unpfändbarkeit der EPP die Fehler bei Coronahilfe und Coronazulage nicht zu wiederholen und auch die Praxis durch eine klare Vorgabe zu entlasten.
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